
Thronwacht (Teil1), Buch Wandelwelten
Wo Normalität plötzlich umfirmiert,
passt sich Wahrheit flexibel an.
Auszug aus Thronwacht. „Und wer seid jetzt ihr? Und wo kommt ihr so plötzlich her?“ – Mikoschs freundlichster Singsang-Bariton an die frisch gelandeten Außerirdischen auf seiner arglosen grünen Wiese gerichtet. Soeben aus dem Nichts aufgetaucht. Um die fünfzig Männer, Frauen und Kinder. Regungslos, wie erstarrt, stehen sie da und schauen an. Ein kriegserfahrenes Volk. Erkennbar unerschrocken und von Narben gezeichnet. – Der eindeutig auszumachende Anführer ist wahrlich beeindruckend. Riesenhaft hoch aufgeschossen und alles andere als dürr oder sonst wie zu übersehen. Weit über 2,3 Meter in den Himmel aufragend. Wohl nochmals größer als ihr Degen? Nun, wäre durchaus denkbar? Ähnlich wie Indianer in aktuellen Hollywood-Filmen, ein Stirnband über sehr langen, kräftigen, wunderschönen Haaren gebunden, die nur leider nicht schwarz sind, wie es sich an der Stelle sonst ziemt. Nein, sie sind vielbunt! Mit einem Hauch von Goldglimmer durchzogen oder vielmehr, entsteigt dieser Glimmer dem Bild? Augenscheinlich ursprünglich so angedacht, wie das bei goldblond Geborenen manchmal ist, wenn im Laufe der Zeit der Grundton dunkler wird, der Glimmereffekt aber vorhält. Nur, dass hier auch farbige Strähnen in Lila, Grün, Blau, Rot und Silber-strahlend, solchen goldenen Schein abwerfen? Wie geht denn so etwas? Also mehr ein ad absurdum, denn glaubhafte Realität. Und jeder würde hier wohl einen hochbegabten Friseur dahinter vermuten? Aber nein, Mikosch kennt Vergleichbares und ist gedanklich längst entrückt. – Wie eine Fata Morgana in der Wüste erscheint es ihm. – Die gehören da nicht hin! Der absurde Goldstich ebenso wenig! – Der ihm bereits gut bekannte Kweijd – anderes können die kaum sein – trägt diesen seltsamen Schimmer nicht. Da ist er sich sicher. Gar nichts von diesem übersinnlichen Humbug! – Nun, der stammt aber auch aus Shijtarrheim und da hat man solchen Hokuspokus wohl nicht nötig? Aber die hier sind auch in anderer Beziehung völlig »anders gestrickt«. Sie wirken irreal wie unwahrscheinlich. Wie Traumgestalten. So als wären sie pure Illusion? Und das mit voller Absicht. Denn das scheint ihr Wesen, ihre Art zu sein? Ihre Tarnung? Nicht real zu wirken. Nicht zu existieren. – Dieser Goldglanz? Selbst aus den Augen heraus leuchtet es vielbunt-goldfarben! Der scheint tatsächlich natürlich gewachsen zu sein. Wie widersinnig es auch klingt … die anderen männlichen Bleichgesichter haben dieselben vielbunten ewig langen Haare. Genau wie ihr Anführer, tragen sie Stirnbänder, metallen, zweifarbig, mit Symbolik darauf. Etwa Schriftzeichen? Rechts und links ihrer Gesichter jeweils traditionell geflochtene Zöpfchen, vielleicht zwei Zentimeter breit. Schlichter Zierrat, Gold oder Silber, jedenfalls edel wirkend, oder auch nur Leder, Fell, Zähne oder Krallen. Keine Federn wie bei den aktuellen Indianern im Film. Ihre langen Haare werden locker nach hinten offen getragen oder zu ausdrucksstarken Zopf-Formationen gebündelt. In jeder Variante ein prachtvolles Kunstwerk. Formvollendet. Mittels Metall-Konstrukten und Lederbändern arrangiert. Eine Weste aus stabiler Tierhaut, mit und ohne Fell, zudem Metallzierrat auf nackter Haut. Was ihre überbreiten muskulösen Schultern zur Ansicht freigibt und schwer beeindruckend wirkt. Die Oberarme mit Symbolik tätowiert, breite Reifen direkt unterhalb der erkennbaren eisenharten Muskeln befestigt, in ihrer Art das interessante Stirnband widerspiegelnd. Ähnliche Bänder tragen sie auch an den Handgelenken. — Ihre Beinkleidung könnte aus gegerbtem Leder sein, das doch recht individuelle Nähkunst an den Kanten aufweist. Erinnert allesamt schwer an Faschings-Indianer-Kostüme. Aber dann modern konditionierte Schaftstiefel mit Sohlen aus gummiartigem Material. Als sich der Anführer auf ihn zubewegt, ist nichts zu hören. Absolut lautlos und in super Geschwindigkeit. Obwohl von ihm eine machtvolle, fast überirdische Wirkung ausgeht, wirkt es nicht bedrohlich auf den immer noch entspannt am Boden auf der Blumenwiese sitzenden Mikosch. Der sich derzeit einen Blumenkranz aus Gänseblümchen zusammensteckt. – Da er diesen gerade aufprobiert, als die Fremden so mir nichts, dir nichts auftauchen, steht klar, dass er gedenkt ihn am Kopf zu tragen. Am Handgelenk liegt bereits einer an, ein weiterer ziert seinen grazilen Hals. — Bis der Krieger auf ihn zukommt, hat sich am Bild vor Mikoschs Augen nichts verändert. Sie stehen still da, schauen ihn abwartend an. Sichtlich gespannt auf seine Reaktion. – Nun, die kam ja bereits! Er hat gefragt, wer sie sind? Mikosch wartet auf Antwort. – Der Krieger trägt eine Waffe am Gürtel, ein derzeit weitverbreitetes Fahrtenmesser. Sonst nichts. Auch keine Ausrüstung. Rucksäcke, Taschen, Vergleichbares, obwohl Frauen mit kleinen Kindern darunter sind. Auf die Schnelle macht Mikosch insgesamt dreizehn hellhäutige Krieger aus. So ungefähr zwischen vergleichbaren 12 bis 13 Jahren bis zu Mitte Zwanzig, einer etwas älter, vielleicht schon knappe Vierzig. Dazu ergänzen sich sieben Schwarzafrikaner, wirklich tief dunkelhäutig, altersmäßig zwischen Mitte 30 und Mitte 50 – hier könnte das geschätzte Alter auch tatsächlich sein, wie er denkt. Was bei Kweiijds eher nicht gilt. Wie Mikosch genau weiß. — Vier tief schwarzhäutige Frauen und drei blasse Kriegerinnen in Kweiijd-Manier, wobei da die jüngste noch keine vergleichbare Vierzehn sein sollte und die älteste die Siebzig bereits weit überschritten hat. Ob das in dem Fall 500 oder 700 Jahre sein werden? Oder nochmals mehr? Interessante Frage … derzeit noch rein rhetorisch zu bewerten. Daneben ein geistig beeinträchtigter junger Mann, schwarzhäutig, etwas heller als die anderen, geschätzt dreizehnjährig. Drei weitere afrikanische Jungs, genauso freizügig-aufreizend gekleidet, wie Stefan ihm manchmal erlaubt sich auszustaffieren, wenn keine Kunden erwartet werden. Mikosch muss dann aber artig bei ihm im Büro bleiben. Weil er nicht einmal den Leuten im Park zutraut, die Hände von ihm zu lassen, wenn er so neckisch bekleidet herumläuft. — Diese Jungs sind maximal zehn- bis elfjährig und damit deutlichst zu jung, sogar für Mikoschs Dafürhalten. Der sich in dem Punkt häufig sehr tolerant äußert. Toleranter, als guttut. Wohl, weil er selbst wie ein klappriger Elfjähriger wirkt? Einundzwanzig Kweiijds-Kinder zählt er auf die Schnelle. Das Jüngste, ein Baby, das Älteste, vergleichbare elf, alle genauso eindrucksvolles Haar und vielbunte, goldstrahlende Riesenaugen. Walt Disney steht auf derlei Details. Ob er von denen inspiriert wurde? — Wow! Selbst die Kürzesten tragen bereits Arm-, Handgelenk- und Haar-Reife, die Frauen im Übrigen zumindest doch den Haar-Reif. Da ihre Arme unter Stoffen verborgen sind, die von einer Art Harnisch gehalten werden. Vom Busen runter zur Hüfte in Lederartigem, metallisch fixiert. Wie Korsetts, eng geschnürt. Ebenso Beinkleider, Schaftstiefel, nur die Haare sind kurz. Ansonsten gleicher Zierrat, Dreadlocks. Sogar die ältere Dame wirkt vital und graziös. Ihr höheres Alter ist an vielen Fältchen auszumachen. Die schwarzen Ladys tragen ihre Haare als Dreadlocks. Gleiches bei den afrikanischen Jungs und Männern, keiner mit offenem Haar oder rasiertem Schädel. Die schwarzen Männer tragen alle eine Art Kinnbart, drei Zöpfchen, ansonsten glattrasiert, während die Bleichgesichter einen üppigeren Kinnbart mit gleichem Dreadlocks-Zöpfchen-Abschluss vorstrecken. Und zwischen all diesen exotisch wirkenden Gestalten ein völlig normal wirkender Mitteleuropäer, ebenfalls mit dieser Frisur, aber immer noch als Arzt aus Deutschland bestens erkennbar, vom Hilfsteam in Angola »Ärzte ohne Grenzen«. Doktor Lorenz Meister, dem Stefan erst kürzlich einen Brief schrieb. Stefan wollte wissen, ob die Parkianer-Spendengelder ihr Ziel erreichten? Er wartet noch immer auf Antwort … ob der Arzt das missverstanden hat? Und mit diesen Urzeitwesen-Kweiijds und seinen afrikanischen Freunden hier nun erscheint, um Stefan mitzuteilen, dass alles passt?
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