
Hüter des Parks (Teil2), Buch Wandelwelten
Die Zukunft beginnt heute.
Vom Geist alter Versprechen begleitet.
Der Bergfried des Königs der letzten Tage

Auszug aus Hüter des Parks. Graf Degenhardt vonStein sitzt mit König Roderich dem Ersten auf dem schmalen Sims im fünf-etagigen Dachgauben des darunter acht-etagigen, renovierungsbedürftigen Turms ohne Aufzug aus dem neunzehnten Jahrhundert, im Arbeiterviertel Stuttgarts, Stammheim, Melchior-, Ecke Herbertstraße, in das sie umzogen … Didis bisherige Adresse, deutlich kleiner, an der Schubartstraße im Kernerviertel, etwas moderner, war zu bekannt. Ein zu gut gedüngter Boden für Angriffsziele. Spätestens mit Mathildas Integration wurde ein Umzug nötig. Dabei tüten sie alles und jeden ein, der sich bis dato zu ihnen durchschlägt … die neue Adresse ist ein schäbiger Turm. Mittig zwischen Äckern und Sumpfgruben geklemmt. So, dass nicht mal ein Hund dort Gassi gehen will. Wobei der Turm etwas erhöht und selbst im Unterbodenbereich komplett im Trockenen steht, außen herum, aber dafür alles feuchte Füße hat. Jeder, der sich zu Fuß nähert, muss durchwaten … eine hervorragende Basis für Ungestört sein. Notwendig! Deshalb nehmen sie sich den alten Brocken beherzt vor. Der erst einmal gründlich saniert werden muss, ohne dass ihr Umfeld es mitbekommt … Sie benötigen geheime Zutrittspunkte, die möglichst weit entfernt liegen sollten … Gerade deshalb ist man so überaus glücklich, seit einigen Tagen bereits über einen Physiker zu verfügen, der im Krieg mitverantwortlich war, die Kanalisation Wiens auszubauen. Und dadurch bedingt vom Tunnelbau unterhalb einer bestehenden Stadt eine Menge Ahnung hat und notwendige, wertvolle Erfahrungswerte einflechten lässt … derzeit installieren sie Leitungen jedweder Art, für Telefon-, Funkempfang, Gas, Strom, Wasser, setzen Steckdosen, integrieren überall Nasszellen, Toiletten, Badewannen, Duschen, Waschmaschinenanschluss, Funkverbindung, Überwachung … alles ist bald schon professionell unter Putz verlegt. Ein doppelter Aufzug bis ganz nach oben wird konzipiert, unten drunter eine Tiefgarage eingerichtet, mit versteckt liegenden Tunnelzugängen, sämtliche Zutrittspunkte, von außen nicht ersichtlich … Nicht einmal die Existenz einer Tiefgarage würde ein argloser Spaziergänger hier vermuten. Auch nicht die vielen Leute, die hier unterdessen alle leben. Da das umliegende Gelände morastig, ungepflegt und vernachlässigt wirkt, wie die Fassade, tippt hier eh keiner auf Technik und Fortschritt.



Berufstätige unter ihnen und ihre Versorger (Einkäufer), nutzen die Eingangstür am Turm selbst nie, sondern laufen zu Fuß oder radeln rein und raus über die Tunnelzugänge durch die Tiefgarage oder fahren mit dem Pkw. Somit gibt es nur ein paar in Penner-Manier auftretende ältlich wirkende Männer, die morgens, mittags und abends rauskommen und ihre Hunde auf dem Grundstück ausgiebig Gassi führen. Jeder mit wenigstens sechs bis sieben Hunden an der Strippe und diese veranstalten einen gut einstudierten und geförderten Lärm. Somit kommt keiner auf die Idee, sich die wilden Köter genauer zu betrachten. Die freundlichsten Rassen darunter. Eine Deutsche Dogge (Goofy, Frauchen Dorri) und jeweils ein Schäferhund, belgischer Hirtenhund (Ronda, Herrchen Rodermann), riesenhaft groß, Bernhardiner (Lucky, Herrchen Minze), Dalmatiner (Cassandra, Frauchen Mina), Hovawart (Domino, Frauchen Gilla), Wolfshund (Cyriak, Herrchen Anger), Pyrenäen-Berghund (Schneeflocke, Herrchen Didi Polnischer), wahrlich groß, genauso wie Neufundländer es sind, davon gibt es zwei (Abraxas, Herrchen Ingo Schlüters und Olympia, Herrchen Birger Swansson), ebenso zwei freundliche Setter und zwei megagroße Leonberger (Frazer, Herrchen Degenhardt und Iberia, Herrchen Axel Pöhl). Einige mittelgroße und diverse kleinere freundliche Kläffer, dass ihre ganze Show auch überzeugt. Keiner interessiert sich für sie und diesen Hunde-verseuchten schäbigen alten Turm. Raffinessen enthaltend, die selten und sehr kostbar sind …

Eine Dachterrasse mit einem zugehörigen bis in die Dachgauben ausgebauten, fünfstöckigen Apartment für die Wohngemeinschaft Didis, so wie er sich seine private Welt eben vorstellt. Viele Paare darunter, geplante und bereits vorhandene Kinder … Büro- und Arbeitsräume liegen teilweise in den Etagen darunter, teils direkt hier oben mit integriert. Ihre Überwachungseinrichtungen genauso zentralisiert wie eine rein privat betriebene medizinische Versorgung mit Röntgengeräten, Zahnarzt-Vollausstattung, Gynäkologen-Stuhl und ein zweckdienlich ausgerüsteter Operationssaal. Mit wirklich jedem erdenklichen Schnickschnack bestückt. Nebendran ein Labor zuzüglich qualifiziertem Personal. Ergänzend Lagerräume, Werkstätten, bestens ausgerüstet. Schulungsräume. Forschungsanlagen. Wasch- und Trockenräume, Bügel-/Nähzimmer. Räucherkammer, Schlachtraum, Wurstverarbeitung, Käserei. Ein Kochstudio zum Anlernen, Einkochen/Einwecken, für Testläufe und natürlich zwei offene, richtig großzügig angelegte Profiküchen, dass man den Ansturm an Hungrigen auch bewältigt bekommt. Für Kinder gibt es Spielräume, Turnhallen unter der Tiefgarage, Trainingsräume mit Gerätschaften und welche mit Bodenmatten für Boxkampf, Fechtturniere, Judo, Karate und für die musikalischen unter ihnen, einen Tanzboden und ausreichend Auswahl an Instrumenten und Notenmaterialien. Eine Bibliothek, eine Bar, ein Ruheraum. Ein Schwimmbad im mehrstöckigen Kellergewölbe, inklusive Sauna und Dampfbad … Die Bewohner der umliegenden, äußerlich betrachtet besseren Wohnstätten, würden staunen, was es hier alles schon gibt und bald geben wird. Einen Kleintierzoo unterhalten sie neben den Hunden, ein Hobby-Gewächshaus-Garten, indem mittels künstlichen Lichts fürs nächste Jahr Tomatensetzlinge gezogen werden. Falls alles klappt, darf ein Kräutergarten und zudem – bis zu einem gewissen Ausmaß – ein Gemüsegarten hinzukommen. Didi möchte sicherstellen, dass keiner auf die Idee kommt, in ihrem Hausturm Schweine zu züchten. Schließlich nennen sie es Goldener Turm. Als Deckname dafür, wie es von außen aussieht und auf den Unwissenden wirkt, sicherlich ein schräger … Tauben und Hühner lässt Didi aber genauso zu wie Hasen. Mal klar. Seine Frau ist schließlich eine dieser Anträge-stellenden-Hausfrauen und ihr einen Wunsch abzuschlagen, fällt unserem König nach wie vor sichtlich schwer. Was alle anderen für sich zu nutzen wissen.
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