
Hüter des Parks (Teil1), Buch Wandelwelten
In tiefer Liebe zu Wasser.
Vom Geist alter Erinnerung verführt.
Auszug aus Hüter des Parks. Ein wunderschöner Sommer an der Wolga. Im beschaulichen kleinen Ort Kamenka. Nur knapp 150 Kilometer östlich von Nischni Nowgorod gelegen. Der Drehscheibe des russischen Handels an der oberen Wolga. Der dortige Kreml steht praktisch direkt nebenan. Mit allem politischen Streben bemüht, das verschlafene Russland in eine neue Zeit zu überführen … in Kamenka laufen die Uhren jedoch langsamer als sonst wo im Land. Nach wie vor folgen sie uralten Regeln. Ticken viel entspannter durch die Zeit als die Kollegen nebenan, die sich längst der Hektik der Moderne verschrieben. Kamenkas Uhren juckt das noch lange nicht. Gemächlich ticken sie Sekunde um Sekunde und der Fluss nebenan bestimmt noch immer dominant und selbstgefällig über das Leben um ihn herum. Oberhalb des Flusses und auch oberhalb Kamenkas, etwas weiter drinnen im dicht gewachsenen urigen Wald, da lebt schon seit vielen Tausend Jahren eine Familie der Xandews. Hat sich’s hier hinten drin im Finsterwald richtig gemütlich gemacht… Nicht etwa versteckt, abgelegen, wie man meinen wollte. Gewissermaßen nur hinter dem nächsten Baum, im Schatten des nächsten Felsen. Ein Nistplatz, der selbst bei einem kleinen Vogel gefunden werden könnte, sollte man danach suchen. Aber das Versteck ist ein wirklich profundes, sie werden niemals entdeckt. So wie Wandelwelten eben beschaffen sind. Von Grund auf magisch. Muspelheim oder auch Waldborken verbirgt sich hinter Spiegeln, fühlt sich sogar dünnwandiger als selbige an, aber der Raum, der sich dir öffnet, solltest du in der Lage sein es zu betreten, kann ein wirklich gigantisch großer sein… Also nicht nur ein schickes Haus mit einem Garten drumherum. Sondern eine richtig große Burgfestung mit Ländereien, Gärten und Wäldern, ihren Bewohnern ausreichend Nahrungsgrundlage bietend. Da das alles zusammen ein klein wenig Arbeit in sich birgt und man als Düsterwind nicht gerade zu den fleißigsten aller Bienchen zählt, verschleppen diese Bären im Wald von Kamenka gerne – genau wie anderswo – nutzbare Bauern und Pferdeliebhaber und genauso Frauen, denn weibliche Xandews gibt es nicht. Möchtest du dich also fortpflanzen, musst du dir eine Braut zwischen den Mijnns heraussuchen gehen. Gerade dieses Völkchen der Wolfsxandews hält wenig davon, wegen irgendwas um Erlaubnis zu fragen. Zumindest, soweit man darüber weiß. Aber, was weiß man schon von den Verstecken auf Erden? Von Mauselöchern, in denen nicht nur Mäuse stecken, sondern ganze Heerscharen von schwarzköpfigen Wuschelbären? An anderer Stelle das Gleiche mit verzauberten Inseln, die unsichtbar sind. Auf ihnen leben die wunderschönen weißblonden Charyques. Denen es niemals zu kalt wird. Ein anderer als sie würde schlichtweg erfrieren. Vor allem noch, wenn er mit ihrer üblichen dünnen Gewandung bekleidet, draußen herumlaufen müsste. Aus Stoffen geschneidert, aus denen andere Sommerkleidung anfertigen. Xandews, speziell jetzt diese hier, haben keine größeren klimatischen Probleme in ihren Breiten zu bewältigen. Es gibt Regen, Wind und Sturm. Genauso 30-Grad-Hitzewellen wie Kältephasen im Winter. Längere Trockenheit dazwischen und Dauerregen verbunden mit Überschwemmungen. So gesehen, nichts Besonderes. Das einzig Besondere ist, dass keiner weiß, dass sie hier sind. In ihrem Umfeld, praktisch in direkter Nachbarschaft, leben schon seit Jahrtausenden unabhängige Menschen und sie wurden trotzdem nie bemerkt? Menschen in früheren Zeiten waren Jäger und Sammler. Auch heute suchen sie im Wald nach Beeren, Kräutern und Pilzen. Jagen Tiere, stellen Fallen auf … und dennoch kein Entdecken? Keine Verwunderung, dass der Wald etwas anders ist, als er sollte? – Dieses Volk, das hier lebt, verfügt locker über 2000 Familienmitglieder? Wenn das mal reichen mag! Die kommen da auch mal raus, aus ihrem verborgenen Winkel und werden gesehen. Hat man sich nie gefragt, wohin die hinterher wieder verschwinden? Wohin all ihre vermissten Freunde und Verwandten geraten sind? Stört sich hier denn niemand an irgendetwas? Leben wir in einer derart zahmen Umgebung, dass du die Sau nach Herzenslust herauslassen kannst, wie du gerade magst? Deine Burg auch noch so zu benennen: Ehrenburg? – Als würdest du auf Ehre etwas geben? Dabei spottest du nur hämisch über ihre Arglosigkeit, ihre tumbe Naivität. Du mokierst dich offen über sie. – Es kursieren Gerüchte, gruselige Geschichten um diesen Ort oberhalb Kamenkas. Man hält deshalb deutlich Abstand. – Den Anwohnern Kamenkas geschieht aber niemals direkt etwas. Ganz dumm sind sie schließlich nicht, diese Schwarzköpfe.
©Xena Falkenbourg xfwerk fürth. Alle Rechte vorbehalten.